Mieten statt kaufen
Wieso der Wechsel hin zum SaaS ein wichtiger Paradigmenwechsel war
Die Baubranche hat ein großes Problem. Und zwar ein Finanzierbarkeitsproblem. Die Inflation schlägt hier deutlicher als in anderen Branchen zu Buche. Der Neubau bleibt demnach immer mehr Menschen verwehrt. Als mögliche Alternative zum Kaufen bleibt das Mieten. Wobei…Eigenheim würden das dann nur Wenige nennen. Für viele ist das Mieten also die notgedrungene, zweite Wahl.
Ganz anders verhält sich dies jedoch bei Mietmodellen im Software-Umfeld. Im Jahr 2022 mieten offenbar nicht die Armen ihre Software, sondern die Schlauen! Wieso dieser Paradigmenwechsel notwendig war und welche Vorteile sich daraus ergeben, erfahrt ihr in meinem nachfolgenden Blogbeitrag.
On Premise vs. SaaS in a nutshell
Bei der traditionellen Variante On Premise (=vor Ort) erwirbt ein Unternehmen Softwarelizenzen und installiert diese auf den einzelnen PCs der Mitarbeiter, bzw. im eigenen Rechenzentrum. Für die Betreuung als auch die Wartung der Systemlandschaft ist man selbst verantwortlich. Man benötigt also das genannte Rechenzentrum wie auch Systemadministratoren. Im Rahmen eines Wartungsvertrages erhält man Zugang zu technischem Support wie auch zu Updates & Upgrades, welche man in der Regel selbstständig auf den Rechnern einspielen muss.
Bis circa 2010 entsprach dies dem Industriestandard. Diese Ausgangssituation macht eigentlich schon sehr schnell klar, warum der Markt auf der Suche nach Alternativen war. Es ist heutzutage erstrebenswerter denn je, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren. Alles, was nicht Kerngeschäft ist, kann und sollte (soweit möglich) ausgelagert werden. Mal ganz zu schweigen davon, dass Administratoren auf dem Arbeitsmarkt nicht wie Sand am Meer herumstehen. Und genau hier kommt SaaS ins Spiel.
Hinter SaaS verbirgt sich der Ausdruck „Software as a Service“. Software betrachtet man also nicht mehr als rein (im)materielles Gut, sondern vielmehr als Teil einer umfangreichen Dienstleistung. Und ganz im Stile des klassischen Outsourcing verbirgt sich hinter SaaS nicht mehr als eine Auslagerung. Der Anbieter hostet das Produkt in seiner Cloud, die Anmeldung erfolgt (in der Regel) über den Browser. Ein Rechenzentrum wie auch Installationen auf den Firmenrechnern entfallen.
Neue Bezahlmodelle inklusive
Auch die Finanzierung von Software ist kaum mehr wiederzuerkennen. Hohe fünfstellige Beträge für die Beschaffung von Software standen vor zehn Jahren noch an der Tagesordnung. Diese Form der Kapitalbindung finden nicht nur Neugründer total unsexy. Im Gegensatz zu mittlerweile antiquiert wirkendenden, mehrseitigen und undurchsichtigen Angeboten von On-Premise-Software ermöglicht SaaS die Reduzierung der anfallenden Kosten auf eine einzelne Zahl: Die Lizenzkosten pro Mitarbeiter pro Monat.
Auf der Habenseite stehen somit unter anderem Transparenz wie auch ein deutlicher Zugewinn in Sachen Flexibilität. Wie zu erwarten war, wird dies natürlich alles eingepreist. Und da die Anbieter in der Regel sehr gut rechnen können, ist davon auszugehen, dass man bei SaaS also im Dauerbetrieb nicht weniger zahlt als bei On-Premise-Lösungen. Man kann das Produkt schließlich niemals abbezahlt haben. Ist SaaS also lediglich ein teurer Hype?
Fisch oder Angel?
Schon Konfuzius hat erkannt, dass die Bedienung einer Angel auf Dauer günstiger ist und der Hungernde sich somit dauerhaft selbst ernähren kann. Aber wie verhielte es sich, wenn Fische nach einer gewissen Zeit auf diese Angel einfach nicht mehr reagieren würden? Was, wenn man nach immer kürzerer Zeit eine noch bessere Angel kaufen müsste, um sich auf die immer schlauer werdenden Fische einzustellen? Der Kauf einer Angel wäre demnach nicht mehr der beste Ansatz. Innovativ denkende Menschen könnten in diesem Szenario eine Angel-Flatrate anbieten: 50€ pro Angler pro Monat. Natürlich will man seine Kunden auch dauerhaft halten und müsste diese regelmäßig mit den besten auf dem Markt verfügbaren Angeln versorgen.
Selbst, wenn man dieses Gleichnis nicht 1:1 auf die SaaS-Thematik übertragen kann, sind doch mehrere Parallelen vorhanden. Konzentrieren möchte ich mich hierbei jedoch auf einen, für mich entscheidenden Umstand: Unser „SaaS-Angler“ hat immer die beste auf dem Markt verfügbare Angel!
SaaS als Nährboden für Innovation
Genau hier kommt Schwung rein. Der SaaS-Nehmer will auf jeden Fall immer up to date sein und alle technisch verfügbaren Features direkt nutzen. Und auf keinen Fall möchte man schlechter aufgestellt sein als die Konkurrenz! Auch vor einem Wechsel des Anbieters schreckt man nicht zurück. Auf der anderen Seite der Ladentheke steht der SaaS-Anbieter. Dieser will sowohl die vorhandenen Kunden halten als auch attraktiv für neue Kunden sein/bleiben/werden. Dieser permanent vorhandene und immer stärker werdende Druck, seinen Kunden ständig das Beste bieten zu wollen, verhindert Stagnation und fördert Aufgeschlossenheit. Sehr positiv!
Wir haben also eine Situation erreicht, in der sowohl Anbieter als auch Kunden die Qualität des angefragten Produktes immer stärker bewerten. Das ist erst mal nichts Revolutionäres. Amortisierungsdauer und Break-Even-Points waren jedoch bisher immer der Innovation gegenüber konkurrierende Unternehmensziele. Da diese jedoch bei den neuen Bezahlmodellen wegfallen, können sich Unternehmen frei entfalten, ohne von der Last großer Investitionen im Wachstum gehemmt zu werden. Dies wiederum ist ein Game-Changer!
Side-Benefits?
Na klar! SaaS bietet sich in der Regel bei im Browser betriebener Software an. Klassisch seien hierbei CRM oder DMS erwähnt. Man benötigt für seine Arbeit demnach einen Browser…und dieser ist mittlerweile auf allen erdenklichen Endgeräten nutzbar. Diese Unabhängigkeit bei der Auswahl von Endgeräten eröffnet Unternehmen eine komplett neue Welt der Unabhängigkeit. Flex Office oder Homeoffice wären ohne browserbasierte Software in keiner Form denkbar. Wie sehr uns besonders das Homeoffice in den letzten 2 Jahren den Hintern gerettet hat, muss man an dieser Stelle nicht separat erwähnen. SaaS-Modelle haben in den letzten Jahren diese positive Entwicklung nicht nur begünstigt, sondern streng genommen auch eingeläutet und überhaupt ermöglicht.
Lasst uns auch nicht vergessen, dass mit dieser Unabhängigkeit des Arbeitsortes auch die Attraktivität gegenüber neuen Arbeitnehmern enorm gesteigert wird. Heutzutage ist es ja nicht mal mehr eine herausragende Eigenschaft, sondern vielmehr unterste Verhandlungsbasis, Homeoffice anzubieten. Indirekt kann man also auch behaupten, dass Unternehmen SaaS immer mehr nutzen müssen, um attraktiv für neue Mitarbeiter zu bleiben. Die regelmäßigen Updates sorgen für eine moderne Arbeitsumgebung. Mit Tab und kryptischen Befehlen lockt man keine Talente mehr hinter dem Ofen hervor.
Der Wegfall großer Investitionen für Software macht sich darin bemerkbar, dass Investitionen in anderen Bereichen einfacher ermöglicht werden können. Im Optimalfall investiert man das nicht gebundene Kapital in seine Mitarbeiter, was wiederum positive Auswirkungen auf die Qualität wie auch die Quantität des Unternehmensoutputs haben wird. Win-win-Situation wie aus dem Lehrbuch.
FAZIT
Cloud Services setzen mittlerweile weltweit über 300 Mrd. Dollar um. Über 60 Prozent davon fallen auf SaaS. In den letzten fünf Jahren waren die Zuwächse jeweils größer als 30 Prozent. Der Markt hat sich also bereits entschieden: Die Devise lautet „Mieten statt kaufen“. Die Vorteile scheinen die Nachteile signifikant zu überwiegen.
Obwohl auch bei der Entscheidung pro oder contra Hausbau viele Interessen abzuwägen wären, ist der Traum vom Eigenheim aber auch emotionaler Natur. Familie gründen, Baum pflanzen, Haus bauen. So haben wir das schließlich mal gelernt. Die Anforderungen an Software sind jedoch rein funktionell und demnach abgekoppelt von Emotionen. Sprich: Der Besitz von Software hat sich als Statussymbol nicht wirklich durchsetzen können. Basierend auf den Fakten hat man bei der Nutzung von SaaS also seine Finger am Puls der Zeit. Wohl dem, der nicht bereits in ein langjähriges On-Premise-Projekt investiert hat!
PS: Um eine Brücke von SaaS hin zu allen Mietern zu schlagen: Mieten bringt natürlich auch bei der Wahl der Wohnung enorme Flexibilität. Ein neuer Job in einer anderen Stadt? Heute die moderne Penthouse-Wohnung und übermorgen der charmante Altbau? Mieter haben hier freie Auswahl. Auch wenn wir als Münchener sehr wohl wissen, dass das Wunschobjekt auch 100 andere Bewerber ausgesucht haben.